Zwei Wege, eine Branche:

Ganz-Cosby und Schwartz im Gespräch
Interview von Sebastian Heithoff (kor. M.) mit Alexandra Ganz-Cosby und Axel Schwarz (92)

Es sind zwei Namen, die man kennt in der Assekuranz: Alexandra Ganz-Cosby und Axel Schwartz. Gemeinsam haben sie in den 90ern an der TH Köln Versicherungswesen studiert – und damit den Grundstein für ihre doch sehr unterschiedlichen Erfolgsgeschichten gelegt. Wir wagen zusammen eine Retrospektive.

In unserer Runde begrüßen wir heute drei unterschiedliche Blickwinkel: Alexandra Ganz-Cosby leitet als CEO die Geschicke der ARTUS GRUPPE, eines Industrieversicherungsmaklers mit einer halben Milliarde Prämienvolumen, 14 Tochterunternehmen und 400+ Mitarbeitenden. Axel Schwartz ist einer der profiliertesten Personalberater der Versicherungsbranche, der seinen unternehmerischen Erfolg auf dem eigenen Wirken im Versicherungsvertrieb bis hinauf zur Führungsebene 1 gründen konnte.

Avel Schwartz

Alexandra Ganz-Cosby

Die beiden eint ein gemeinsames Studium an der TH Köln, dessen Wirkung auf die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der persönlichen Lebenswege zentrales Element dieser Veröffentlichung ist.

Beim Thema Wirkung kommen wir zum Dritten im Bunde, der das Interview moderiert: Sebastian Heithoff berät die ARTUS GRUPPE im Bereich Social-Media-Kommunikation. Genau wie für die beiden Vorgenannten ist ein kollegiales, wertschätzendes Miteinander in der Branche seine Fasson. Das Interview haben die drei zwischen Baden-Baden, Köln und Lübeck digital geführt.

Sebastian Heithoff: Liebe Alexandra, lieber Axel, wie habt ihr euer Studium an der TH Köln rückwirkend in Erinnerung? Was ist für euch besonders präsent geblieben aus der Zeit Anfang/Mitte der 1990er Jahre?

Alexandra Ganz-Cosby: Für mich war es damals erstmalig die Erfahrung, aus meiner Region herauszukommen und Menschen aus ganz Deutschland zu treffen. Das war am Anfang total überwältigend, es sind aber schnell Freundschaften und Lerngruppen entstanden, die sich gegenseitig durch die Prüfungen geboxt haben. Ein kleiner Teil dieser Gruppe, der damals im Studentenwohnheim in Köln-Rodenkirchen wohnte, hat tatsächlich bis heute Kontakt. Die harten Zeiten, besonders im Grundstudium, haben eng zusammengeschweißt. Der Druck vor den Prüfungen war immer groß, doch wir haben uns gegenseitig gestützt. Das war toll!

Axel Schwartz: Ich komme ja ursprünglich aus dem Aachener Raum, für mich war damit Köln nicht so neu wie für dich, Alexandra. Dennoch war es auch für mich der Auszug aus den gewohnten Gefilden. Meine Familie hat, anders als Alexandras, gar keinen Bezug zur Versicherungsbranche generell – im elterlichen Schreinereibetrieb waren Versicherungen eher ein notwendiges Übel. Mein BWL-Studium hatte ich ursprünglich einmal an der TH Aachen angefangen, wo es sehr viel technischer zuging als in Köln. Durch einen Nebenjob im Außendienst einer Versicherungsagentur ab 1989 hatte ich erstmals Berührung zur Versicherungsbranche. Das hat mir riesigen Spaß gemacht, so dass ich mich entschied, mein Studium an der TH Köln mit Schwerpunkt Versicherungswesen fortzusetzen. Die TH Köln war gerade in den ersten Semestern ein echter Massenbetrieb!

Ganz-Cosby: Ja, daran erinnere ich mich auch noch. Es waren zu Anfang oft hunderte von Menschen, das hat einen ziemlich erschlagen.
Schwartz: Definitiv. Doch es gab auch viele positive Seiten an der TH Köln: So rechnete mir die TH einige Scheine an, die ich bis zum Vordiplom an der TH Aachen hatte sammeln können – wodurch ich fachlich in Köln schnell einen Anschluss fand, obwohl ich in zwei Semestern parallel war. Eines davon war das von Alexandra.

Heithoff: Und war Köln außer der Größenordnung noch anders als Aachen?

Schwartz: In Köln ist mir mehr noch als in Aachen bewusst geworden, dass die Mehrzahl der Studierenden eine versicherungsfachliche Vorbildung hatten, Kaufleute waren oder aus einer vorherigen Generation geprägt waren. Ich konnte zwar schon vor und während des Studiums in einer Agentur der Provinzial vertrieblich tätig sein, doch war dies natürlich nicht vergleichbar mit einer profunden Ausbildung.
Am Anfang hatte ich daher ein wenig Sorge, ins Hintertreffen zu geraten – eine Angst, die sich jedoch nicht bewahrheitet hat. Denn die Themen haben mir große Freude bereitet. Insbesondere die Feuerversicherung hatte es mir angetan. Da begann die echte Begeisterung für die Versicherungsbranche bei mir „zu brennen“. In dem Kurs war ich dann auch mit Alexandra zusammen.

Ganz-Cosby: Stimmt, Axel, daran erinnere ich mich noch gut! Auch für mich war diese Zeit etwas wirklich Besonderes. Als wir uns vor zehn Jahren noch in einem ehemaligen Studienkreis trafen ist uns aber auch aufgefallen: Die intensive Prüfungsvorbereitung hat uns allen die ein oder andere schlaflose Nacht bereitet, aber gemeinsam haben wir uns da immer durchgeholfen.

Heithoff: Gab es denn innerhalb des Studiums besondere Schwerpunkte, die dich damals interessiert haben und die sich ggf. auch im späteren Berufsweg wiederfanden?

Ganz-Cosby: Ja, absolut. Das Wahlfach Europa bei Prof. Helmut Bujard hat mich stark geprägt. Gemeinsam mit dem Kurs waren wir auch auf Reisen, das hat meinen Wunsch bestätigt, einmal ins Ausland zu gehen.
Prof. Bujard hat mich auch darin bestärkt hat, in diesem Zusammenhang meine Diplomarbeit über ein europäisches Thema (die französische Bauversicherung) zu schreiben und mein erstes Praktikum im Ausland zu machen.

Heithoff: Und bei dir, Axel? Gab es auf deiner Seite auch solche Themen, die du während deiner Zeit auf Versicherer-Seite für dich aus dem Studium heraus nutzen konntest?

Schwartz: Mich interessierte damals vor allem die Sachversicherung, mit der ich vorher null Berührung hatte. Dieses Wissen schafft auch heute noch Augenhöhe bei der Besetzung von entsprechenden Positionen in meiner Tätigkeit als Personalberater. Und auch damals im Studium hatte ich den Schwerpunkt Personal, der mich zu dieser Zeit schon sehr interessiert hat. Innerhalb der Absolventinnen und Absolventen der TH Köln gibt es ja auch durch den VVB eine tolle Möglichkeit die Kontakte zu halten, wo ich mich auch engagiere. Dort trifft man dann auch Menschen aus unserer Zeit.

Heithoff: Wie sind deine Erfahrungen auf Versicherer-Seite, wo du dich ja vor deiner Selbstständigkeit als Personalberater bis zur Führungsebene 1 hochgearbeitet hast?

Schwartz: Ich habe immer im Vertriebsumfeld gearbeitet, dieses Metier hat mich fasziniert und begeistert. Schon vor und während des Studiums war ich in einer Agentur tätig. Nach dem Diplom bot man mir auch etwas im Außendienst an, doch ich wollte dann doch zuerst auf Direktionsebene Erfahrungen sammeln.
Ich war erst fünf Jahre im AXA-Konzern tätig, eine Zeit im Makler- und Kooperationsvertrieb, danach ging es über einen Headhunter-Kontakt in meine erste Führungsposition als Filialdirektor in der AO der AachenMünchener. Nach fünf Jahren dort wechselte ich zur Württembergischen in die gleiche Position. Als eine Zeit später der dortige Vertriebsvorstand zur Zurich ging, bot sich mir die Gelegenheit, die Bereichsleitung Vertriebsmanagement zu übernehmen – erst für alle Vertriebswege, nach einer Neuorga dann federführend für die AO.
Parallel habe ich bei einer Management-Qualifizierung in St. Gallen wieder einmal bemerkt, wie sehr mir das Netzwerken liegt. Und durch die Impulse in St. Gallen, die Vertriebs-DNA und die eigenen Erfahrungen mit Headhuntern, wo ich mir auch dachte, „da kann man vielleicht das ein oder andere besser machen“, reifte in mir die Idee, die Axel Schwartz People Management GmbH zu gründen.

Heithoff: Inwiefern hat es dir zum Vorteil gereicht, dass du die Versicherungsbranche aus dem Studium und aus der eigenen Berufstätigkeit kanntest und du zudem Headhunter aus deiner Rolle erlebt hattest, um dich dann vollends dafür zu entscheiden, selbst in diese Rolle – und damit zuerst einmal ins Risiko – zu gehen?

Schwartz: Die klare Branchenausrichtung war bei meinem Unternehmen schon immer eine wichtige Basis. Viele der Jobs, die wir vermitteln, habe ich selbst schon gemacht oder als Führungskraft besetzen dürfen. Das Netzwerken lag mir immer schon, ebenso wie der Vertrieb.

Ganz-Cosby: Das kann ich nur bestätigen, dass habe ich so auch von früher gut in Erinnerung.

Schwartz: In meiner beruflichen Laufbahn habe ich öfter das Thema Personal gehabt und bei Auswahl und Führung irgendwie ein ganz gutes Händchen bewiesen. Es hat einfach oft gepasst. Und da sich die Konzernwelt nicht so weiterentwickelte, wie ich es mir vorstellte, war die Entscheidung fürs Unternehmertum damit erleichtert.
Damals, vor 12 Jahren, hatte ich auch noch ein charmantes Alter dafür, mit 43 Jahren. Heute …

Heithoff: Heute aber immer noch charmant.

Schwartz: Danke dir. Heute mit Mitte Fünfzig würde ich solch eine Entscheidung jedoch nicht mehr treffen – man wird dann doch risikoaverser mit den Jahren. Aber ohne das Studium, die vorherige berufliche Laufbahn und das Netzwerk, wären die letzten 12 Jahre so definitiv nicht möglich gewesen. Es hat nur den richtigen Impuls gebraucht – alles andere hat einfach aufeinander aufgebaut.

Heithoff: Perfekte Stichworte – „Impuls“ und „aufeinander aufgebaut“. Alexandra, wenn wir uns deinen Werdegang gemeinsam anschauen: Du hast erzählt, dass du schon während deines Studiums gerne Erfahrung außerhalb Deutschlands sammeln wolltest. War dir zu Beginn des Studiums klar, dass du – abgesehen von einem Auslandssemester – auch einmal für längere Zeit später ins Ausland gehen würdest?

Ganz-Cosby: Nein, das hatte ich überhaupt nicht geplant. Für mich war der Auslandsaufenthalt aber immer ein Kindheitswunsch. Ich war während der Abschlussarbeit bei einem französischen Maklerunternehmen als Praktikantin tätig. In diesem Zug habe ich mich auch intensiv mit der französischen Sprache auseinandergesetzt und habe Intensivkurse gemacht. Die Franzosen waren mit fremdsprachigen Kolleg:innen nicht immer gnädig. Aber gerade das hat in mir noch mehr Motivation ausgelöst. „Denen zeig ich´s“ hatte ich mir vorgenommen. Wenig später dann wurde das Maklerunternehmen an ein größeres verkauft und ich konnte in die internationale Abteilung wechseln und so war ich, ohne es irgendwie zu beeinflussen, zur richtigen Zeit am richtigen Ort und habe meine eigentliche Berufung entdeckt – die internationale Arbeit. Ich konnte sogar miterleben, wie ein internationales Netzwerk aufgebaut wurde, das es noch heute gibt.

Heithoff: Das klingt nach einer unglaublich spannenden Zeit!

Ganz-Cosby: Ja, das war sie ganz sicher. Das Auslands-Handling konnte man zu dieser Zeit noch auf keiner Schule lernen. Es war Learning-by-doing. Aber mir war klar: Ich muss irgendwann das Unternehmen wechseln, um karrieretechnisch weiter voranzukommen. 2000 startete ich als Underwriterin bei der französischen Tochter der Allianz, der AGF, wo ich sechs Jahre im Import- und Export-Bereich gearbeitet habe, davon auch zwei Jahre in den USA.

Heithoff: Du bist dort in Los Angeles gewesen, richtig?

Ganz-Cosby: Das stimmt, in Los Angeles. Ich wollte schon immer international arbeiten und mit den USA und der Allianz habe ich dort meine Chance gesehen. Der prozessorientierte American Way of Doing hat mir von Anfang an sehr zugesagt, mehr als das Improvisieren und Diskutieren, das ich seinerzeit in Frankreich erlebt habe. Ich kannte die Firma schon, für die Franzosen war ich eine Erleichterung, weil sie mit mir Französisch sprechen konnten. In Amerika hatte ich alles – Sprachen (beide), Berufserfahrung, Kenntnis des Unternehmens, hervorragende Einarbeitung vor Ort. Nach einem Jahr in der Position in LA wurde es schon fast ein bisschen langweilig.
Vom Local Underwriting zum internationalen Geschäft gab es dann eines Tages die Chance, die ich angestrebt habe, nämlich den Wechsel ins globale Underwriting, jedoch nur in Frankreich. Das Leben in den USA hatte schon Vorzüge und es war für mich keine leichte Entscheidung, das alles zurückzulassen. Ich habe viel Wissen und Expertise mit nach Frankreich gebracht, aber musste eben auch liebgewonnene Dinge aufgeben.

Schwartz: Die internationale Laufbahn, gerade zu der Zeit, ist wirklich beeindruckend. Heute wird so etwas ja viel mehr gefördert und du hast dir damals dann eben geholt, was du wolltest.

Ganz-Cosby: Mir hat der Aufenthalt in den USA auch sehr geholfen, in Frankreich wieder Fuß zu fassen. Die Expertise, die ich in Amerika gewonnen hatte, war damals noch ein seltenes Gut und hat für Anerkennung gesorgt.

Schwartz: War es damals denn schon irgendwie geplant, dass du mal ins Familienunternehmen ARTUS einsteigen würdest?

Ganz-Cosby: Mein Vater hatte sich das immer gewünscht. Aber je länger ich im Ausland war, desto schwieriger wurde für mich die Abwägung, ob ich mich nach so vielen Jahren außerhalb Deutschlands und meinem Karrierestart im Ausland wieder auf die deutsche Art zu arbeiten einstellen kann. Mit der Gründung meiner eigenen Familie hat sich dann aber auch meine Perspektive verändert. Ich konnte besser verstehen, wie es ist, wenn man dem eigenen Kind etwas vorleben kann, das man selbst aufgebaut hat und ich habe einfach gemerkt welchen Wert das auch für mich hat.

Heithoff: Ich habe aus meinem Jura-Studium mitgenommen, dass es immer mehr als einen Standpunkt geben kann und doch „alle“ richtig sein können, wenn sie gut argumentiert werden. Gibt es bei euch beiden auch so etwas, das ihr aus dem Studium mitgenommen habt?

Schwartz: Mir hat das Studium beim Start in die Selbstständigkeit im Jahr 2010 eine gewisse Sicherheit gegeben nach dem Motto, „Das hat ja damals auch geklappt“. Es waren ja mit der Selbstständigkeit auch einige Risiken verbunden, mehr noch als mit dem Wechsel damals von Aachen nach Köln: Gutes Gehalt, zwei Assistenzen, toller Dienstwagen – das habe ich zurückgelassen – um dann zu sagen, ich geh da raus und mach mein Ding … Mir hat der geglückte Studienortwechsel Mut gegeben.

Ganz-Cosby: Das Studium hat für mich die Grundlage für meine Auslandsjahre geschaffen. Namentlich durch Prof. Bujard, in seinen Seminaren habe ich zum ersten Mal Europa verstanden und die Vorteile erkannt, die der freie Dienstleistungsverkehr in Europa für uns Absolventen hat. Er hat mich ermutigt, ins Ausland zu gehen und mir mit der Themenwahl für meine Diplomarbeit den Grund geliefert, im Ausland zu recherchieren und Fuß zu fassen. Aus dem Studium habe ich viele tolle Kontakte gesammelt, einige davon, die mich auch im Ausland oft besucht haben, halten bis heute. Sowohl das Studium an sich, als auch das Netzwerk, die Personen, die mich begleitet haben, haben meine berufliche Laufbahn stark geprägt.

Schwartz: Alexandra, wir beide hatten uns ja die letzten Jahre auch mehr aus der Ferne beobachtet und nicht so regelmäßig miteinander Kontakt gehabt. Insofern finde ich das echt super von dir, lieber Sebastian, dass du die Idee für dieses Format hattest und uns auf diese Weise zusammengebracht hast.
Heithoff: Mich freut es immer, wenn ich Verbindungen herstellen und Menschen begeistern kann. Unsere Branche ist – für mich – eine riesengroße Familie. Habt vielen Dank, dass ihr beide euch die Zeit genommen habt und wir miteinander diesen Austausch führen konnten!

Sebastian Heithoff

Autor Sebastian Heithoff ist jüngst als korrespondierendes Mitglied Teil der VVB-Gemeinschaft geworden. Der gebürtige Münsteraner (*1986) lebt in Lübeck an der Ostsee und trat mit der Kaufmannsausbildung 2007 aus Familientradition in die Assekuranz ein. Heute berät er Vermittlerbetriebe zum Themenkosmos „Markante Vertriebskommunikation“ und engagiert sich u.a. in den Branchenverbänden VGA und VEVK.